Die Branche muss aufrüsten –möglichst bald

Die letzte Änderung der Gefahrstoffverordnung hat es in sich. Andreas Beckmann, der Geschäftsführer des Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbandes, sieht Handlungsbedarf für die Schädlingsbekämpfer.

Bei Umsetzung der derzeitigen Rechtslage dürfen nur noch Schädlingsbekämpfer oder als gleichwertig anerkannte Ausbildungen, also mindestens Personen mit der Sachkunde G+V, Rodentizide, mit vielen der bisherigen Wirkstoffe arbeiten, warnt Andreas Beckmann. Es seien sind nun alle gefordert, entweder auf die beiden Wirkstoffe der ersten Generation zurückzugreifen, oder Mitarbeiter, die nur einen Tageslehrgang besucht haben, schnellstens auszubilden.

Lesen Sie hier den kompletten Informationsbeitrag von Andreas Beckmann:

Neue Gefahrstoffverordnung ändert sich in entscheidenden Details

Seit dem 05. April wurde die Gefahrstoffverordnung das letzte Mal geändert. Dabei waren bereits im November 2016 einige Änderungen eingearbeitet worden. Die Branche hat lange darauf gewartet, da doch Änderungen unserer Haus(ver)ordnung befürchtet wurden. Mehr als anderthalb Jahre hat das Ministerium von Frau Nahles benötigt, um die seit Sommer 2015 fälligen Einstufungs- und Kennzeichnungsänderungen aus der Europäischen CLP-Verordnung einzupflegen. Die Branche hatte auf mehr gewartet. Zumindest so lange der Anhang I Nr. 3, das Kernstück für unseren Beruf, nicht angetastet wird, konnte es sich in unseren Augen nicht verschlechtern. Lediglich die Formulierungen der ehemaligen R und S-Sätzen waren nun gegen H und P-Sätzen ausgetauscht worden. So die weit verbreitete Annahme.

Der neu formulierte Anhang I Nr.3 hat es in sich

Wenn man sich die Änderungen aber im Detail ansieht, dann heißt es dort ganz zu Anfang nun im Geltungsbereich

„… für die Schädlingsbekämpfung mit als akut toxisch Kategorie 1 bis 4 oder spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1 oder 2 eingestuften Stoffen und Gemischen…“

An dieser Stelle von akut toxischen Substanzen zu lesen, verwundert nicht. Vorher waren dort die giftigen und sehr giftigen Substanzen aufgeführt. Aber die zielorgantoxische Kategorie müssen wir uns genauer anschauen. Was verbirgt sich dahinter und welche Stoffe sind gemeint?

Zunächst, das ist leider durch die globale Harmonisierung so, werden in der Literatur Abkürzungen verwendet, die sich aus dem Englischen ableiten. So heißen die zielorgantoxischen Stoffe in den Gefahrenklassen 3.8 und 3.9 dort STOT (specific target organ toxicity) und werden unterschieden in Einmalaufnahme (SE) und wiederholte Aufnahme (RE).

In die Kategorie STOT RE 1 (schädigt Zielorgane bei wiederholter Aufnahme ) und STOT RE 2 (kann Zielorgane bei wiederholter Aufnahme schädigen ) fallen die meisten unserer antikoagulanten Rodentizide. Denn von fast allen Antikoagulantien werden die Grenzwerte überschritten. Welcher der Wirkstoffe ein STOT ist, erkennt man im Sicherheitsdatenblatt etwa am H-Satz 372 bzw. 373

Wirkstoff

Nach Aufnahme RL

(ppm)

­Sachkunde nach GefStoffV erforderlich

STOT RE ½

Grenze (ppm)

Warfarin (!)

790

ja

499

Chlorphacinon

50

Nein TvW ausreichend

99

Coumatetralyl

375

Nein TvW ausreichend

999

Bromadiolon (!)

50

ja

4

Difenacoum (!)

75

ja

19

Brodifacoum (!)

50

ja

19

Flocoumafen (!)

50

ja

49

Difethialon (!)

25

ja

19

Tabelle der nach GefStoffv eingestuften Wirkstoffe (mit Ausrufungszeichen gekennzeichnet)

TvW: Töten von Wirbeltieren Sachkunde, Tageslehrgang zzgl. betriebl. RMM Unterweisung

Die Branche muss aufrüsten –möglichst bald

Wenn wir uns die die Tabelle ansehen, wird deutlich, dass bei Umsetzung der derzeitigen Rechtslage nur noch Schädlingsbekämpfer oder als gleichwertig anerkannte Ausbildungen, also mindestens Personen mit der Sachkunde G+V, Rodentizide mit den in der Tabelle mit Ausrufungszeichen gekennzeichneten Wirkstoffen arbeiten dürfen. Es gelten die üblichen Abverkaufs- und Verwendungsfristen der Altbestände. Ob Sie für ein Produkt die ausreichende Sachkunde besitzen, erkennen Sie an den H-Sätzen im aktuellen Sicherheitsdatenblatt. Schade nur, dass das BMAS versäumt hat, im Vorfeld Experten der Branche anzuhören, die unseren Beruf verstehen und denen eine Berücksichtigung auch der kleinen Betriebe am Herzen liegt. Bereits auf den Münchener Gefahrguttagen im Herbst 2015 hatten wir das BMAS darum gebeten, den Referentenentwurf rechtzeitig offenzulegen und an die Verbände zu verteilen. Es sind nun alle gefordert, entweder auf die beiden Wirkstoffe der ersten Generation zurückzugreifen, oder Mitarbeiter die nur einen Tageslehrgang besucht haben, schnellstens auszubilden.

Zukünftig wird es schwerer mit Aushilfen zu arbeiten

Grundsätzlich begrüßen wir die Entwicklung zu mehr Qualifikation bei beruflichen Anwendern von Bioziden. Hausmeister und andere die unsere Dienstleistung „nebenbei“ mit anbieten haben es nun schwerer. Aber auch unsere Betriebe werden Schwierigkeiten haben, in Spitzenzeiten auf Aushilfen oder rasch angelernte Kräfte zurückzugreifen. Die Königsdisziplin der Nagerbekämpfung bleibt diesen Kräften verwehrt, zumindest mit Antikoagulantien der zweiten Generation. Lachende Dritte sind momentan die Betriebe, die schon immer auf eine fundierte Ausbildung der Mitarbeiter gesetzt haben.