Interview zum Gefahrgut-Unfall

Tatsächlich handelte es sich bei der Ladung aber nicht, wie es zu Beginn hieß, um Schädlingsbekämpfungsmittel, sondern um Rohstoffe zur Herstellung von Schädlingsbekämpfungsmitteln, die per Lastwagen zum Hersteller weiter transportiert werden sollten. Mit an Bord waren auch Rohstoffe für die Herstellung verschiedener Begasungsmittel. Und diese waren die Ursache für die Gefährlichkeit, da sie bei Feuchtigkeit reagieren.
Die Überschriften der Medienmeldungen führten teils in die Irre, wie zum Beispiel diese der Online-Ausgabe der Bild: „Gefahrgut-LKW kracht bei Göttingen in Leitplanke. Ein Toter, mehrere Verletzte. Rattengift-Alarm auf der A7!“ Unfallversursachend war weder Wühlmaus-Gift noch Rattengift.
DpS kurz nach dem Unfall mit Rainer Heiligenthal von der Firma Detia Freyberg gesprochen. Die Fakten legten nahe, dass der LKW auf dem Weg zu Detia gewesen sein könnte.
Herr Heiligenthal, am 19. Dezember waren die Nachrichten voll von Meldungen über einen schweren Unfall auf der A7, da ein LKW die Mittelleitplanke durchbrochen hatte und auf der Gegenfahrbahn mit einem PKW kollidiert ist. Der Unfall verursachte letztlich sogar eine tagelange Sperrung der A7. Von Rattengift-Alarm auf der A7 war dann in Bild-online zu lesen. Der Gedanke liegt nahe, dass die Ladung des LKW mit der Firma Detia-Freyberg zu tun haben könnte, denn Hersteller für Schädlingsbekämpfungsmittel sind rar in Deutschland. War es eine Lieferung an Detia-Freyberg?
Ja, das ist richtig. Der LKW war auf dem Weg zu unserem Werk.
Und waren die Zeitungsmeldungen des Unglückstages, was die Ladung betrifft, korrekt?
Nein, es handelte sich um eine Lieferung verschiedener Rohstoffe zur Herstellung von Schädlingsbekämpfungsmitteln.
Viele Meldungen stellten „Rattengift“ als Riesenproblem in den Vordergrund. Vermutlich stellte doch aber eher der Rohstoff für Wühlmausgift eine akute Gefahr für Menschen dar. Um welchen Rohstoff genau handelte es sich?
Eine Gefährdung ging vom Aluminium-Phosphid aus, das mit Feuchtigkeit reagiert. Und eben daraus erklären sich die Aufforderungen an die Bürger, Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Herr Heiligenthal, als DpS am Unfalltag das erste Mal mit Ihrem Unternehmen Kontakt aufnahm, hatten Sie selbst noch nicht viele Informationen. Wie sind die Abläufe in solch einem Fall? Meldet sich die Polizei in der Firma? Oder die Spedition?
Sowohl die Spedition als auch Polizei und Feuerwehr haben sich bei uns gemeldet. Die Spedition natürlich auch, um uns als Kunde zu informieren. Und Polizei und Feuerwehr auch mit der Bitte um Zusammenarbeit bezüglich Informationen über die Ladung bzw. deren Gefahrenpotential. Dieser Bitte sind wir natürlich unverzüglich nachgekommen.
Das heißt, Sie werden als Hersteller dann um Rat gebeten, wie man mit der Situation umgehen muss?
Ganz genau. Wir als Hersteller sind ja mit den Stoffen, die uns geliefert werden sollen, bestens vertraut und können detailliert Auskunft über Eigenschaften, Risiko und über den optimalen Umgang mit dem Stoff geben. Und natürlich sind Industrieunternehmen wie wir auf solche seltenen Fälle gut vorbereitet. Wir haben spezielle Ansprechpartner im Unternehmen, die dann sofort tätig werden. Jeder weiß, was er zu tun hat.
Wie sah die Unterstützung der Feuerwehr konkret aus?
Das lässt sich eigentlich gar nicht in drei Sätzen zusammenfassen, denn wir standen einfach als Ansprechpartner für alle anfallenden Fragen die Ladung betreffend zur Verfügung. Zunächst mal lieferten wir natürlich schnellstens sämtliche notwendigen Datenblätter an die Einsatzkräfte und gaben Hinweise, wie aus unserer fachlichen Sicht vorgegangen werden sollte. Die Polizei fragte zum Beispiel auch nach möglichen Sachverständigen, die man zur Unfallstelle rufen könnte und die sich mit dem Thema auskennen. Wir haben daraufhin einen unabhängigen Sachverständigen vorgeschlagen. Ob der letztlich genommen wurde, wissen wir nicht. Und natürlich waren unsere eigenen Spezialisten vor Ort und haben die Einsatzkräfte unterstützt. In solch einer Situation gilt es für alle Seiten erst einmal, Fakten und Informationen zu sammeln und sich einen Überblick zu verschaffen – auch für die Polizei.
War Detia-Freyberg auch in die Entscheidung, die Autobahn mehrere Tage zu sperren eingebunden?
Nein, wir haben keine Entscheidungsbefugnis in dieser Frage. Die Verantwortlichen haben entschieden, dass die Fahrbahndecke abgefräst wird, da der Asphalt durch das Feuer beschädigt wurde.
Hat der Unfall Ihrem Unternehmen Detia-Freyberg geschäftliche Probleme verursacht? Lieferausfälle zum Beispiel?
Nein, das war unproblematisch, die geplante Herstellung war für einen ausländischen Abnehmer bestimmt. Den haben wir informiert und konnten eine leicht verspätete Lieferung vereinbaren.
Und fürchten Sie einen Imageschaden oder schlechte Presse?
Nein, bisher haben wir diese Sorge nicht. Das eigentlich Traurige am Unfall ist ja auch vor allem, dass durch diesen Verkehrsunfall – unabhängig von der Ladung – ein Mensch ums Leben gekommen ist und mehrere Menschen verletzt wurden.
Die Firma Detia Freyberg war trotz der besonderen Situation spontan zu diesem kurzen Gespräch mit DpS bereit. Vielen herzlichen Dank dafür!
Links zu Zeitungsmeldungen:
Kurz vor Weihnachten 2014 waren „Giftgas“ und „Schädlingsbekämpfung“ aufgrund eines schweren Unfalls auf der A7 sehr präsent in deutschen Medien. Leider wurden die Zusammenhänge oft nicht korrekt dargestellt. Einge Links zur Berichterstattung finden Sie bei uns im Pressespiegel.