Rodentizid-Resistenz-Forschung in neuen Händen

Älterer Beitrag

Dieser Beitrag ist bereits vor mehreren Jahren erschienen und enthält möglicherweise nicht optimal dargestellte oder veraltete Inhalte.

Vielen Schädlingsbekämpfern ist Dr. Hans-Joachim Pelz vom Julius Kühn-Institut bekannt. Pelz war als Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung von 1979 bis 2008 am Institut tätig und hat in dieser Zeit unter anderem die Forschung zur Rodentizidresistenz kommensaler Nager vorangetrieben und die Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung in diesem Forschungsbereich international etabliert. Nach dem Ruhestand von Pelz übernahmen Dr. Jens Jacob und Alexandra Esther seinen Arbeitsbereich, die den Schädlingsbekämpfern im Folgenden etwas über sich und ihre Arbeit erzählen.

Hier der Link zu den versprochenen Informationen zur Rodentizidresistenz und zur Arbeit des Fachausschusses Rodentizidresistenz www.jki.bund.de/nn_916044/DE/Home/pflanzen__schuetzen/pfsmittel/resistenz__psm/fachaus__psm__resistenz__Rodentizide.html

Wer von Ihnen ist der direkte Nachfolger von Herrn Dr. Pelz, und wie sieht die Aufgabenteilung zwischen Ihnen aus? Von einer direkten Nachfolge kann man nicht sprechen, weil die bisherigen Aufgaben von Herrn Dr. Pelz auf Herrn Dr. Jacob und Frau Esther verteilt wurden.  Mit dem Ruhestand von Herrn Pelz im Jahr 2008 wurde die Leitung der Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung an Dr. Jacob übergeben. Er bearbeitet den Bereich Nagetiere und ist damit auch federführend auf dem  Arbeitsgebiet Rodentizidresistenz. Der genetische Bereich der Rodentizidresistenz wird jedoch von Frau Esther bearbeitet. Sie ist auch für die Arbeiten an allen Nicht-Nagetierarten (z.B. Kaninchen, Wildschwein, Igel) und insbesondere für den ornithologischen Bereich zuständig.  Die Forschungsarbeiten werden sich - wie auch in der Vergangenheit - einerseits auf die Vermeidung von Schäden durch Wirbeltiere an Kulturpflanzen konzentrieren. Dazu werden z.B. Untersuchungen zu Populationsdynamik, Verhalten und Verbreitung durchgeführt sowie verbesserte Verfahren und Strategien zur Schadensabwehr entwickelt. Andererseits stehen Arbeiten im Vordergrund, die sich mit der Vermeidung von Risiken für Wirbeltiere bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln beschäftigen.  Stehen die Veränderungen im Stellenzuschnitt im Zusammenhang mit den veränderten Strukturen des JKI? Inwiefern?  Die Fusion der ehemaligen BBA mit der ehemaligen BAZ und Teilen der ehemaligen FAL zum JKI führte weder zu Änderungen der fachlichen Ausrichtung noch zu Änderungen in der Stellenausstattung der Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung. Im derzeitigen Konzept für eine zukunftsfähige Ressortforschung im Geschäftsbereiches des BMELV ist nach wie vor die Auflösung des Standorts Münster mit der Verlagerung der Arbeitsgruppe an den Standort Braunschweig innerhalb der nächsten Jahre vorgesehen.Wie würden Sie Ihren heutigen Arbeitsplatz in wenigen Worten beschreiben? Dr. Jacob: Das JKI ist so wie die ehemalige Biologische Bundesanstalt ein Bundesforschungsinstitut, in dem Forschungsarbeit  als Voraussetzung für optimale Strategien bei der Regulierung von Schadnagerpopulationen geleistet wird. Die Verbindung von Grundlagen- und angewandter Forschung im Bereich Pflanzenschutz sehe ich als Traumjob. Momentan liegen die Schwerpunkte auf 1) der Entwicklung von Mitteln und physikalischen Methoden, die fraßabschreckend auf Nager wirken, 2) Untersuchungen zu Massenvermehrungen bei Feldmäusen, 3) dem Management von Schadnagern im Bereich des Pflanzenschutzes und 4) Untersuchungen  zum Zusammenhang der Populationsdynamik von Nagetieren, Klima und Nagetier-übertragenen Krankheiten. Ich finde es spannend, zielorientiert zu arbeiten, um das Management von Wirbeltierpopulationen zu optimieren, Zielkonflikte zu berücksichtigen und habe auch die Möglichkeit, verwandte Themen in das Kerngebiet meiner Arbeit einzubinden. Esther: Da kann ich mich nur anschließen. Mein heutiger Arbeitsplatz ermöglicht mir, mein Wissen bezüglich Ökologie und Naturschutz anzuwenden. Im Sinne des nachhaltigen Pflanzenschutzes arbeite ich daran, unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und von  Naturschutzbelangen, Lösungen für die Praxis zu entwickeln. Dies geschieht über Feld- und Laborversuchen und über statistische sowie ökologische Modellierung. Erkenntnisse publiziere ich über  populärwissenschaftliche und wissenschaftliche Zeitschriften und in Vorträgen. Darüber hinaus sind zum Beispiel Stellungnahmen und Drittmittelanträgen zu verfassen und Verwaltungsaufgaben zu erledigen.Welche Ziele haben Sie sich gesteckt? Was möchten Sie in 3 Jahren bewirkt haben? Dr. Jacob: Das Management von Feldnagerpopulationen mit Schadpotenzial in Land- und Forstwirtschaft ist für mich ein wichtiger Schwerpunkt. Besonders das Management von Massenvermehrungen der Feldmaus erfordert eine national abgestimmte Strategie zur Verringerung der Auswirkungen im Agrarbereich. Dabei sind ökologisch und ökonomisch sinnvolle Verfahren und Herangehensweisen zur Regulierung von Nagetierpopulationen erforderlich, die mit anderen Bereichen (z.B. Naturschutz, Straßenbau, Wasserwirtschaft) abgestimmt sein müssen, um Zielkonflikte zu mindern. Zur nachhaltigen integrierten Regulation von Feldmauspopulationen müssen die Wissensbasis gestärkt, eine praktikable Prognosemethode entwickelt und langfristige Änderungen (Landnutzung, Klima) berücksichtigt werden. Eine solche Strategie wird derzeit entworfen und soll in den nächsten Jahren etabliert und mit Leben gefüllt werden.   Frau Esther: Noch bin ich in der Rodentizidresistenzforschung Neuling, hoffe aber, in drei Jahren zum Verständnis der Problematik beigetragen zu haben. Indirekt können auch Nicht-Nagetiere von Rodentiziden betroffen sein, wenn sie vergiftete Tiere aufnehmen. In welchem Maße und wie dies zu vermeiden ist, sehe ich als eine meiner Aufgaben in den nächsten drei Jahren. Alternativ gilt es zu klären, inwieweit Räuber Nagetierpopulationen regulieren können. Schwerpunkt hier werden Untersuchungen zu Greifvögeln und Eulen sein. Im Bereich direkter Pflanzenschutz steht der Vogelfraß von Saatgut und Keimlingen an erster Stelle. Die Entwicklung nachhaltiger Methoden sollte in drei Jahren Erfolge gezeigt haben.In der Vergangenheit gab es im Bereich der Resistenzforschung bzw. -erfassung eine Zusammenarbeit mit dem Verband der Schädlingsbekämpfer. Werden Sie diese unverändert fortsetzen oder sind hier Veränderungen zu erwarten? Falls ja, in welche Richtung?Durch die gemeinsame Arbeit von Mitarbeitern der Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung und Vertretern des Bereichs Schädlingsbekämpfung (z.B. DSV-Landesverband Niedersachsen) in unterschiedlichen Gremien, wie dem Fachausschuss Rodentizidresistenz, besteht ein enger Kontakt. Von Schädlingsbekämpfern wurden in der Vergangenheit Proben von Wanderratten gesammelt und in Münster auf das Vorkommen von Rodentizidresistenz untersucht. Die Ergebnisse helfen den Schädlingsbekämpfern bei Ihrer Arbeit und werden durch Publikation in entsprechenden Medien verfügbar gemacht.  Die neusten Informationen zur Rodentizidresistenz und zur Arbeit des Fachausschusses Rodentizidresistenz hat Herr Dr. Pelz in einem Internetbeitrag zusammengestellt (Einen Link zum Beitrag von Dr. Pelz finden Sie bei uns auf der DpS-Homepage www.schaedlings.net). http://www.jki.bund.de/nn_916044/DE/Home/pflanzen__schuetzen/pfsmittel/resistenz__psm/fachaus__psm__resistenz__Rodentizide.html    Besteht für Schädlingsbekämpfer die Möglichkeit, Ihnen Proben zur Resistenzuntersuchung zuzuschicken? Frau Esther: Grundsätzlich sind wir sehr daran interessiert, einen guten Überblick über die Resistenzsituation in Deutschland zu bekommen. Aus Nordwestdeutschland wurde bereits eine Vielzahl von Proben analysiert. Doch hier, wie auch deutschlandweit gibt es noch weiße Flecken auf der Resistenzlandkarte. Insbesondere fehlen Proben zur Abgrenzung des Resistenzgebietes nach Osten, aus dem Raum Braunschweig/ Magdeburg. Wir führen genetische Tests auf Rodentizidresistenz nicht als Routineaufgabe durch, sondern müssen die Analysen in die laufenden Arbeiten integrierten. Proben aus schlecht untersuchten Regionen sind willkommen und können in kleiner Stückzahl kostenfrei analysiert werden. Bei Interesse an einer Zusammenarbeit ist Frau Esther die Ansprechpartnerin (alexandra.esther@jki.bund.de). Wie schätzen Sie die Bedeutung der professionellen Schädlingsbekämpfung ein? Wie wichtig ist Schädlingsbekämpfung als Bestandteil des Gesundheitsschutzes? Die professionelle Schädlingsbekämpfung ist im Hinblick auf Nagetierbefall ein wichtiges Element bei der Sicherung der Hygiene vor allem im urbanen Raum. So spielen Schädlingsbekämpfer bei der sachkundigen Bekämpfung kommensaler Nager eine große Rolle. Eine Reihe von Nagetieren können Erkrankungen auf den Menschen übertragen. Dazu gehören beispielsweise Leptospirose, Tularämie, Kuhpocken und Hantavirusinfektionen.  Mit welchen Berufsgruppen oder Branchen außerhalb des JKI haben Sie im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit zu tun? Durch die Forschungs- und Beratungstätigkeit gibt es enge Beziehungen der Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung zu Behörden auf Landes- und Bundesebene. Dazu gehören z.B. das Umweltbundesamt, das BVL, die BAuA sowie Pflanzenschutzdienste, Landwirtschaftskammern und Länderministerien. Daneben bestehen Kontakte zu Herstellern, Entwicklern und Vertreibern von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzgeräten, Forschungskooperationen mit  nationalen und  internationalen Wissenschaftlern und Mitarbeit in nationalen und internationalen Gremien. Durch unsere Arbeit sind wir mit anderen Biologen, Land-  und Forstwirten aber auch Virologen und Veterinärmedizinern und nicht zuletzt Schädlingsbekämpfern eng vernetzt. Wenn Sie einem sechsjährigen Kind in einem Satz beschreiben sollten, warum Ihre Arbeit wichtig ist, wie würde dieser Satz lauten? Dr. Jacob: Ich möchte besser verstehen, warum es manchmal zu viele Ratten und Mäuse auf den Feldern und im Stall gibt und was getan werden kann, damit diese Tier nicht an allen möglichen Sachen herumnagen.Frau Esther: Ich arbeite daran, dass nicht zuviel der Ernte durch Tiere weg gefressen wird, weil sonst weniger für unsere Nahrungsmittel bleibt, zum Beispiel vom Getreide für die Brotherstellung.Die Fragen stellte Dagmar Rose

Dr. Jens Jacob begann seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zum Biologielaboranten. Danach studierte er an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Universität Miami Biologie und promovierte im Anschluss in Jena zur Populationsökologie von Nagern in Landwirtschaftsgebieten. Von 2000-2004 arbeitete er beim australischen Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation. Dort beschäftigte er sich u.a. mit Forschungsarbeiten zu Massenvermehrungen von Hausmäusen in Australien und der Entwicklung und Testung von nachhaltigen Managementverfahren für Reisfeldratten in Indonesien. Im Jahr 2004 nahm er eine Stelle an der damaligen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft -Institut für Nematologie und Wirbeltierkunde in Münster an (jetzt Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen; Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst; Arbeitsgruppe Wirbeltierforschung). Der inhaltliche Schwerpunkt seiner Arbeit ist die angewandte Forschung an Nagern.Alexandra Esther hat eine Ausbildung als ?staatlich geprüfte technische Assistentin für naturkundliche Museen und Forschungsinstitute?. An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Universität Potsdam studierte sie anschließend Biologie und spezialisierte sich auf Ökologie und Naturschutz. Der Abschluss ihrer Doktorarbeit in Potsdam steht demnächst an. Schwerpunkt ihrer letzten Arbeiten war die ökologische Modellierung mit Fokus auf Populationsentwicklungen und Artendiversität. Seit zwei Jahren ist sie am Julius Kühn-Institut.  Hier beschäftigte sie sich zunächst mit der Entwicklung eines Modells zur Vorhersage von Massenvermehrungen der Feldmaus.Die ?Neuen? im JKI: Dr. Jens Jacob und Alexandra Esther haben die Aufgaben von Dr. Hans-Joachim Pelz übernommen