Falsche Deutung der Ausnahmeregelung zur befallsunabhängigen Dauerbeköderung

Eine aktuell kursierende Beraterempfehlung sorgt für Verwirrung. Hierin heißt es: „…Da jetzt also in Lebensmittelbetrieben toxische Köder zur Nagetierprophylaxe wieder zulässig sind, empfehle ich Ihnen, wo noch nicht geschehen, die baldige Umstellung von nicht toxischen auf toxische Köder. …“ Ist dies eine zulässige und aus der Version 1.3 der GfA herleitbare Empfehlung an die Lebens- und Futtermittelindustrie? Das Umweltbundesamt sagt ganz klar: Nein. ...

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Kurz nachdem das Umweltbundesamt die Möglichkeit zu Ausnahmen vom Dauerbeköderungsverbot für bestimmte Anwendungsfälle bekanntgegeben hat, verschickte ein Berater für Schädlingsbekämpfung ein Empfehlungsschreiben an Kontakte in der Lebensmittelmittelindustrie, in dem er zur baldigen Umstellung von nicht toxischen auf toxische Köder riet. Die Begründung: Toxische Köder zur Nagetierprophylaxe seien wieder zulässig. 

Wer die Ausgabe 9 von DpS aufmerksam gelesen hat, muss sich über diese Empfehlung wundern. In dieser Ausgabe hat das UBA die aktualisierte Version der Allgemeinen Kriterien einer guten fachlichen Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung mit Antikoagulanzien erläutert. Von einer pauschalen Erlaubnis ist dort keine Rede. Andererseits kann eine Missachtung der gültigen Bestimmungen für den Schädlingsbekämpfer folgenreich sein. Klarheit ist wichtig.

Wer hat hier was missverstanden? Wir fragten beim UBA nach und baten angesichts der Wichtigkeit um eine schnelle Antwort. Und die kam bereits wenige Stunden später. Lesen Sie hier die Anfrage und die Antwort im Originalwortlaut:


Betreff: Presseanfrage zur aktualisierten Version 1.3 der „Allgemeine(n) Kriterien einer guten fachlichen Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung mit Antikoagulanzien durch sachkundige Verwender und berufsmäßige Verwender mit Sachkunde"

Sehr geehrte Frau Dr. Schwarz-Schulz, sehr geehrter Herr Friesen,

in DpS 9-2014 haben Sie seitens des UBA die neue Ausnahmeregelung zur Beköderung mit Antikoagulanzien für unsere Leser erläutert. Es geht um die am 31.07.2014 von der Bundesstelle für Chemikalien veröffentlichte aktualisierte Version 1.3 der „Allgemeine(n) Kriterien einer guten fachlichen Anwendung von Fraßködern bei der Nagetierbekämpfung mit Antikoagulanzien durch sachkundige Verwender und berufsmäßige Verwender mit Sachkunde“.

Dort heißt es einleitend:

Demnach dürfen zugelassene Rodentizide mit Antikoagulanzien nach wie vor nicht als Permanentköder zur Vorbeugung gegen Nagerbefall oder zum Monitoring von Nageraktivitäten eingesetzt werden. Zum Nagetiermonitoring sind giftfreie Köder, Überwachungsgeräte oder Fallen zu verwenden. Erst bei einem festgestellten Befall können Rodentizide eingesetzt werden. Damit bleibt die befallsunabhängige Dauerbeköderung weiterhin grundsätzlich untersagt. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen eine strategische befallsunabhängige Dauerbeköderung durch Schädlingsbekämpfer auch ohne die Feststellung eines aktuellen Nagetierbefalls zulässig sein kann.“

Nun erreicht mich die Information, dass ein Berater der Lebensmittelindustrie folgende Empfehlung aus der neuen Ausnahmeregelung folgert und diese auch aktiv so kommuniziert:

…Da jetzt also in Lebensmittelbetrieben toxische Köder zur Nagetierprophylaxe wieder zulässig sind, empfehle ich Ihnen, wo noch nicht geschehen, die baldige Umstellung von nicht toxischen auf toxische Köder. … Zu diesem Zwecke sollten Sie ausschließlich Antikoagulanzien der 2. Generation einsetzen.

Das macht die Ausnahme zum Regelfall. Meine konkrete Frage daher an Sie:

Ist dies eine zulässige und aus der Version 1.3 der GfA  herleitbare Empfehlung an die Lebens- und Futtermittelindustrie?

Ich bitte um eine schnelle Antwort, da der Redaktionsschluss unmittelbar bevorsteht. Mir würde sogar ein "Ja" oder "Nein" genügen.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Rose, Redaktion, DpS - Fachzeitschrift für Schädlingsbekämpfung
 


 

Sehr geehrte Frau Rose,

anbei unsere schnelle Antwort auf Ihre Frage.

Aus der GfA Version 1.3 lässt sich eine pauschale Empfehlung Rodentizide mit Antikoagulanzien im Rahmen einer befallsunabhängigen Dauerbeköderung in allen Lebensmittelbetrieben auszubringen, keinesfalls ableiten. Wie der Ausnahmeregelung zu entnehmen ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine befallsunabhängige Dauerbeköderung durchgeführt werden kann. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes ist in jedem Einzelfall vom sachkundigen Verwender (Schädlingsbekämpfer) zu prüfen, festzustellen und zu dokumentieren. Dies kann nur im Rahmen einer objektbezogenen Analyse erfolgen. Die Ausnahmeregelung ist kein Freibrief für alle Lebensmittelbetriebe, Rodentizide mit Antikoagulanzien dauerhaft und befallsunabhängig auszubringen. Kurz: Die Antwort kann nur "Nein" lauten.

Mit freundlichem Gruß

Im Auftrag

Beatrice Schwarz-Schulz


Und hier nochmal der Link zur aktualisierten GfA-Version für unsere Leser (nach unten scrollen, dann findet man PDF-Dokument als Download-Angebot) :

http://www.baua.de/de/Chemikaliengesetz-Biozidverfahren/Biozide/Produkt/Hintergrund.html