Jung: Tagebuch Januar 2018
Messis
Wir wurden vom Nachlassverwalter angerufen; eine Person lag mehrere Tage tot in ihrer Wohnung. Normalerweise begeht der Nachlassverwalter mit einer Begleitperson die Wohnung auf der Suche nach Unterlagen und Wertsachen, nachdem er das Polizeisiegel geöffnet hat, während wir Vorbereitungen für eine Schädlingsbekämpfung treffen (Rauchmelder entfernen, etc.). Dieses Mal wurden wir alleine vorgeschickt, weil es dem Verwalter unmöglich war, sich durch den ca. einen Meter hohen Papierozean zu bewegen. Anschließend wurde die Wohnung mit Insektiziden vernebelt.
Eine Begebenheit zum Schmunzeln ergab sich in einem Mehrfamilienhaus: eine Mieterin beklagte sich über die Zuwanderung von Schaben in ihre Wohnung. Vor Ort fanden wir eine ungepflegte Wohnung mit extrem starkem Schabenbefall vor. Die Schwierigkeit während der Bekämpfungsphase (vier Einsätze) lag in der mangelnden Bereitschaft, die Wohnung zu reinigen, und einem Hund als Haustier. So konnten wir nur sehr beschränkt an ausgewählten Stellen sprühen und unglaublich viele Gelköder ausbringen. Nach zwei Monaten war der Befall vollständig getilgt; die umliegenden Wohnungen hatten übrigens keinen nachweisbaren Schabenbefall.
Tauben
Dieses Haus sollte saniert werden und die Hausverwaltung fand den Dachboden mit einer flächendeckenden Taubenkotschicht vor. Es stellte sich später heraus, dass ein Bewohner des obersten Stockwerks eine Dachluke geöffnet hatte, damit sich im Sommer die „Hitze nicht so staut“. Die Folge waren 1,3 t Taubenkot und tote Tiere, die über vier Stockwerke ohne Aufzug in Säcken verpackt durch das Treppenhaus nach unten in einen Container geschleppt werden mussten. Anschließend erfolgte noch eine Desinfektion der Oberflächen.
Ein weiterer Dachboden mit Taubenkot. Auch hier hatte ein unbekannter Mieter eine Dachluke vollständig geöffnet, nachdem er offensichtlich seine Notdurft auf dem Boden neben der Luke verrichtet und eine Zigarette geraucht hatte. Über einige Wochen hinweg fanden dies auch die Tauben praktisch und taten das Ihre dazu. Schwierigkeit war die anschließende feuchte Reinigung und Desinfektion der Pressholzplatten am Boden, ohne dass das Holz aufquillt. Da half dann die Erfahrung als Gebäudereiniger.
Ein ehemaliges Gewerbegrundstück wurde mit hochwertigen Wohnungen bebaut. Es herrschte von Anfang an ein mittlerer bis starker „Taubendruck“. Nach diversen Spikesklebungen in verschiedenen Ecken wollte sich der Eigentümer nicht seine riesige Terrasse von einem Netz absperren lassen, aber auch nicht, dass Tauben dort nisten. Unser Lösungsvorschlag war eine Art zweigeteilter Taubennetzvorhang, in der Mitte mit Klettbändern, je nach Bedarf, zu schließen. Der Kunde war über die Ausführung hochzufrieden.
Ratten
Skurriler Fall: Eine Ratte wurde in einer Eisdiele gesichtet. Vor Ort erklärte der Betreiber, er habe den entsprechenden Abfluss mit Betonestrich „verschlossen“! – Nun gut, nicht sehr professionell, aber wahrscheinlich erfolgreich. Bei der Ursachenforschung im Keller fand ich das an einer rostigen Stelle aufgejagte Abflussrohr. Die Ratte hatte es sich zwischen Tüten im Regal bequem gemacht. Nach Aufstellung von Köderboxen, war der Fall innerhalb von drei Tagen erledigt.
Das sieht oft so aus! Um den Müllplatz herum ist meist aus optischen Gründen noch schwer zugängliches Buschwerk mit multiplen Zugangstunneln zum Nest. Überfüllte Mülltonnen bieten ein Schlaraffenland für Ratten. Sie graben und vermehren sich ungehemmt, bis der Müllplatz absackt und endlich der Schädlingsbekämpfer bestellt wird.
Häufige Ursache von Rattenbefall rund ums Haus ist der nicht ordnungsgemäße Verschluss von Regenabflussrohren (in diesem Fall zu kurz). Da auch das Laubsieb nicht eingebaut war, hatten die Ratten leichtes Spiel und bauten am nächsten Müllplatz ihr Nest.
Seltsamer Besuch
Hilferuf eines Mieters: plötzlich überall Ameisen! Auf dem Bild kann man sehr schön erkennen, das die Köderformulierung sehr potent ist. Kurzfristig erhöhte sich das Aufkommen der Ameisen nach Ausbringen des Ködergels um das Mehrfache; nach zwei bis drei Stunden war der Spuk dann vorbei; die Ameisen wurden nie mehr gesichtet. Einen Ursprung konnten wir trotz intensiver Suche nicht finden. Möglicherweise wurden die Tierchen versehentlich mit ins Haus eingeschleppt.
Fundstück
Beim Abschrauben eines Regals im eigenen Lager fand ich diese Einzelwaben einer Mörtelwespenart vor. Mörtelwespen finden sich oft an seltsamen Stellen am Haus: in Rolladenschienen, auf hochgefahrenen Sonnenschutzlamellen oder eben an Regalbefestigungen. Ich habe das Bauteil an eine dunkle Stelle im Lager gestellt und erst im nächsten Jahr entsorgt, damit sich die Larven ungestört weiterentwickeln konnten.
Unser Tagebuch-Autor:
Die Firma Gebäudereinigung Jung gibt es in Frankfurt am Main seit 1927. Rainer Jung betreibt sie nun zusammen mit seinem Bruder Jürgen. Wie der Name vermuten lässt, ist die Firma hauptsächlich in der Gebäudereinigung tätig. Rainer Jung ist durch seinen Meister in Gebäudereinigung in der Schädlingsbekämpfung teilausgebildet gewesen und hat in einer mehrwöchigen Zusatzausbildung die IHK-Prüfung absolviert. Außerdem ist er staatlich geprüfter Desinfektor. „Mein Beruf ist sehr spannend und abwechslungsreich. Man erlebt immer etwas Neues. Ich mag es, etwas richtig Dreckiges, Ekliges nach getaner Arbeit wieder sauber zu sehen. Das ist toll. Etwas ohnehin Sauberes zu putzen, macht nicht so viel Spaß.“