Kittner: Tagebuch 1. Halbjahr 2024
Unser Tagebuchautor: Stefan Kittner
Allgemeine Schädlingsbekämpfung Leverkusen
Der Job eines Schädlingsbekämpfers ist vielseitig, abwechslungsreich und hält immer wieder Überraschungen bereit. Was sie täglich erleben hat, hat nicht nur mit Schädlingen zu tun. Hier ein Blick ins Tagebuch von Stefan Kittner, der wieder einige „Best-ofs“ aus seinem Arbeitsalltag zusammengefasst hat, die einmal die tieferen Gründe eines Schädlingsbefalles aufzeigen sollen.
Die Mischung macht's
Ein freudiges „Hallo!“ in die Runde. In dem heutigen Beitrag aus unserem Alltag mit Tieren, Menschen und Sensationen möchte ich mal darauf hinweisen, dass nicht alle „neuen Wege“ zum Ziel führen. Leider hat sich in unserer Praxis gezeigt: Bewährte Methoden können nicht direkt durch moderne Handlungsweisen ersatzlos gestrichen werden. Wie bei einem guten Cocktail, macht es die Mischung. Eine gesunde Abwägung der Möglichkeiten und deren Folgen für Zielorganismus, Mensch und Natur muss dringend erfolgen. Manchmal reicht es ja, Parasiteure einzusetzen oder Schlagfallen aufzustellen. Was macht man aber, wenn der „sanfte Weg“ keine Erfolge bringt, oder schon durch falsche Ansätze der Kunden unmöglich ist?
Kleidermotteninvasion
Die Kundin hatte vor zwei Jahren ein Haus aus den frühen fünfziger Jahren geerbt. Im Keller lagen, fein säuberlich gelagert, seit Jahren Woll- und Seidenteppiche, wie auch hochwertige Kleidungsstücke eines namhaften Herstellers aus Paris. Beim ersten Termin haben wir mit Auto-Fogger erstmal allen fliegenden „Kunden“ ein Flugverbot erteilt. Jedoch werden noch weitere Nachbehandlungen folgen. Die Kinder der Kundin holen nämlich die Teppiche aus dem Keller und breiten sie im Wohnzimmer aus, damit eine Sprühbehandlung durchgeführt werden kann.
Ratten in sozialer Einrichtung
Adrian nahm einen Auftrag an: Eine Ratte ist in einer Begegnungsstätte für behinderte und/oder psychisch kranke Menschen. Der Nager bediente sich am Kaffeesatz des Kaffeeautomaten, benutzte die Abfallschublade als Toilette. Hier kam nun ein Schlagfallensystem ins Spiel. Am Donnerstag morgen habe ich das System installiert und auf die korrekte Funktion getestet. Freitag war ruhig, der Samstag auch ... bis um 23:37 Uhr eine E-Mail mich über die Auslösung einer der vier Fallen alarmierte. Nach Absprache des Leiters der Begegnungsstätte konnten wir uns – aus Versicherungsgründen – erst am Montag morgen treffen. An dem Montagmorgen traf ich früh ein und bestätigte den Fang: Die Fallensysteme waren mit Schokolade beködert und somit unwiderstehlich für das Tier. Leider wurde an den nächsten Tagen zwar eine weitere Falle ausgelöst, aber nichts mehr gefangen. Es traten weiterhin Fraßschäden an Nahrungsmitteln auf, nur wurde – trotz Ködertausch in den Schlagfallen – keine weitere Auslösung getätigt. Das Fallensystem war sozusagen „verbrannt“. Nun obliegt es der Haustechnik, die vorhandenen Schlupflöcher zu verschließen.
Funfact: Um dieses Objekt hatten wir vor ca. acht Jahren einen Ringschutz gelegt, jedoch sah der Vermieter nach einem Jahr keine Veranlassung, die Wartung der Köderstationen weiterzuführen.
Hitze ohne Erfolg
Ich wurde zu einem Einfamilienhaus gerufen. Die Familie hatte sich im Hollandurlaub über ein Anbauteil eines Kinderbettchens Bettwanzen als Souvenir mitgebracht. Ein Schädlingsbekämpfer, der vor mir tätig war, hatte es mit einer Wärmebehandlung versucht ... und ist damit schrecklich gescheitert. Ich bekam die Protokolle zu lesen und wunderte mich nicht: Höchsttemperatur im Raum gemessen: 51 °C (laut Protokoll), Möbelstücke waren nicht auseinander gebaut, Inneneinrichtung an Ort und Stelle belassen.
In Zusammenarbeit mit dem Mieter des Hauses haben wir die Möbel (Kinder- und Elternschlafzimmer) auseinander gebaut. Die Textilien wurden bei mindestens 60 °C gewaschen und im Trockner getrocknet. Wir haben auch die Fußleisten des Laminats entfernt. Und dort fanden wir im Kinderzimmer ein Nest, in Nähe des Kinderbettes mit dem besagten Anbauteil. Durch eine gezielte Sprühbehandlung konnten wir nachweislich die Bettwanzen tilgen.
Merke: Egal wer oder was man Euch sagt, eine Thermo-Behandlung sollte mindestens über 60°, besser sogar um 70 °C, durchgeführt werden. Und die Temperaturmessung sollte am ungünstigsten Ort passieren. Die Temperatur ist für mindestens zwei Stunden zu halten. Dass moderne, furnierte Möbelstücke diese
Temperatur meist nicht unbeschadet überstehen, sollte man sich vor Augen halten.
Warum ich das so expliziert anspreche: Vor ca. sieben Jahren wurde ich dazu gedrängt, diese Meinung zu revidieren und die Meinung zu vertreten, dass eine Temperatur von 50 °C ausreichend wäre.
Schadnager in der Zwischendecke
Eine Familie – im ländlichen Bereich wohnend – beklagt sich über Geräusche, direkt über dem Schlafzimmer. Das Haus ist aus dem frühen 18. Jahrhundert, im typischen bergischen Stil gebaut. Vor 15 Jahren renoviert und modernisiert, mit neuen Decken und neuer Isolation. Nach der Inspektion des Gebäudes kamen wir zum Schluss, dass die eingezogene Zwischendecke beködert werden sollte. Ich baute also vier BaitSafe-Systeme in Schlafzimmer und Ankleidezimmer ein und beköderte sie. Nach einer Woche dann die erste Nachinspektion. Nach der dritten Inspektion konnte kein weiterer Anfraß detektiert werden und wir tauschten den Köder gegen Non-Tox-Köder aus. Die Köderstationen im Speicher wurden erfahrungsgemäß nicht angenommen. Nur im Außenbereich wurde etwas Anfraß detektiert, aber bei Weitem nicht so stark wie in der Zwischendecke. Somit stellt sich mir die Frage: Ist ein Verbot von wirkstoffhaltigen Ködern in Innenräumen wirklich zielführend?
Nochmal zur Erinnerung: Ziel ist eine Tilgung der Schadnagerpopulation, gerade wenn elektrische Leitungen im Haus verbaut sind.
Schaben in Privatwohnung
Der Vermieter meines Sohnes rief mich an: Ein anderer Mieter in einer Dachgeschosswohnung berichtete über einen Schabenbefall in der Wohnung. Der Vermieter konnte es nicht so richtig glauben und mein Sohn übergab ihm ein paar Schabenfallen. Schon nach 48 Stunden waren die Fallen gut gefüllt und ich kam, um eine Gel-Behandlung durchzuführen.
Auch in der verlassenen Nachbarwohnung wurden Schaben in den Fallen gefangen und diese Wohnung großzügig abgegelt. Zusätzlich sprühte ich noch eine Barriere um die Eingangstüren sämtlicher sechs Wohnungen. Die verlassene Wohnung wurde entrümpelt und nochmals abgegelt. Nach einer weiteren Woche wurden Tapeten, Stoßleisten und PVC-Boden herausgerissen und wiederum abgegelt. Das abschließende Monitoring in den Wohnungen ergab keinen weiteren Befall in den Detektoren.
Nachwort
Wirkstofffrei zu arbeiten, ist zwar ein hehres Ziel, ist aber nicht die „Ultima Ratio“. Haben Laien, wie im Beispiel der Kleidermotten, bereits mit Pestiziden herumgesaut, ähh, ich
meine „experimentiert“, dann kann ich mit Parasiteuren nicht mehr arbeiten.
Weniger Wirkstoffe in die Natur zu lassen, ist zwar seit Jahrzehnten unser Ziel. Was nutzt es aber, dem Profi die Wirkstoffe zu nehmen und Laien die Umwelt durch Wirkstoffe belasten zu lassen, die ohnehin zu gering dosiert und noch veraltet sind?
Uns Profis bringt es nur die Probleme der Köderscheu und Resistenzen, der Industrie aber Millionen Euros in die Taschen. Coumatetralyl, Alpha-Chloralose haben nichts in Laienhänden zu suchen, da sie entweder veraltet sind, oder falsch angewendet werden. Auch Insektensprays aller Couleur helfen nicht, ein Wespennest zu bekämpfen oder eine Ameisenpopulation
zu tilgen. Sie bringen nur Laien in Gefahr und verhelfen Betrügerfirmen, die nur auf solche Laienmittel zugreifen können, zu Aufträgen und somit zu Geld.