Kittner: Tagebuch Jahresende 2023

Süßes und Saures

Unser Tagebuchautor: Stefan Kittner

Allgemeine Schädlingsbekämpfung Leverkusen

Der Job eines Schädlingsbekämpfers ist vielseitig, abwechslungsreich und hält immer wieder Überraschungen bereit. Was sie täglich erleben hat, hat nicht nur mit Schädlingen zu tun. Hier ein Blick ins Tagebuch von Stefan Kittner, der wieder einige „Best-Offs“ aus seinem Arbeitsalltag zusammengefasst hat, die einmal die tieferen Gründe eines Schädlingsbefalles aufzeigen sollen.

Deutsche Schaben und Bernsteinschaben

Anruf eines Bekannten: In einer Mietwohnung seines Zehn-Parteien Hauses haben sich im Dachgeschoß Deutsche Schaben eingenistet. Dieser Befall ist schon sehr heftig, Kotspuren und der typische Geruch nach Moschus- oder Maggi ist in jedem Schrank und jeder Schublade zu erkennen. Auch sind die hygienischen Zustände der Wohnung und deren Bewohner sehr fragwürdig. Daher wurde die gesamte Wohnung abgegelt und die Bewohner auf die hygienischen Zustände angesprochen. Die Schaben nahmen das Gel auch sehr gut an. Der Kontrollbesuch eine Woche später ergab eine Vielzahl von toten Schaben, jedoch hat sich die hygienische Situation nicht merklich verbessert. Nun ist der Vermieter am Zuge, mit dem ich in engem Kontakt stehe. Er wird die Mieter eindringlich zur Verbesserung der hygienischen Zustände auffordern.

Eine Kundin, bei der ich eine vierteljährliche Kontrolle der Mäusestationen durchführe, erzählte mir von ihrer Schwester, die auf einen Betrüger reingefallen ist. Nicht nur, dass er den Preis maßlos überzogen hatte, auch hatte er großflächig mit ARDAP-Spray gegen Bernsteinschaben gesprüht. Meine Kundin konnte die eine Schabe eindeutig als Bernsteinschabe identifizieren.

 

Mäuse im Kindergarten

In einem Kindergarten wurden in den Unterschränken der Küche Mäusekot und Urinspuren gesichtet. Auch war der typische Mäusegeruch deutlich wahrzunehmen. Ich öffnete die Abschlussleiste in dem betroffenen Bereich und entdeckte auch hier Kot- und Urinspuren, sowie Glassplitter und den „üblichen“ Unrat wie Brotkrumen und Zuckerkörner. Köderstationen mit Köder wurde ausgelegt. Der Leiter der KiTa ließ den Bereich reinigen, jedoch wurde nach einer Woche kein Anbiss an den Ködern detektiert. Auch wurde kein Lebensmittel oder anderes Material angefressen. Daraufhin öffnete ich die Leisten auf der gegenüberliegenden Seite. Dort bot sich das nebenstehende Bild. Somit war es kein Wunder, dass das Tier nicht an die Köder oder gar an die schon aufgestellten Schlagfallen ging.

Ratten im Garten

Vor etwa vier Wochen hat Adrian im Garten einer Familie Rattenköderstationen aufgestellt, da die Kunden am Tag die Ratten herumlaufen sahen. Nach der Inspektion des Gartens und der näheren Peripherie stellte sich heraus, dass wieder Wildtiere im größeren Maße gefüttert wurden. Außerdem fast schon alltäglich vorkommenden Vogelfutter kam jetzt auch noch Igel- und Katzenfütterung dazu. Durch ein klärendes Gespräch mit den Nachbarn wurde dieses Füttern streng reguliert und wir konnten an unseren Stationen sehr starken Rattenverbiss vorfinden. Es wurden sogar die Kunststoffschalen angenagt und die Köderblöcke regelrecht geschreddert.

Bettwanzen

Ein Anruf einer Immobilienverwaltung: Eine Familie klagt über juckende Stiche und hat „krabbelnde Tiere“ gesehen. Ich fuhr zu dem Haus und machte eine Inspektion. Schon der erste Blick unter die Matratze bestätigte den Befall mit Bettwanzen. Laut Aussage der Mieter war die Familie in Paris unterwegs und übernachtete zwei Nächte. Dies war ungefähr sechs bis sieben Monate her. Also ein nettes Souvenir aus der Hauptstadt Frankreichs. Die Population hat sich gut entwickelt. Durch gezielte Spot Behandlungen im Wochenrhythmus konnte der Kreislauf von Eiablage, verpuppen und wieder neue Eiablage unterbrochen werden.

Auch hier ein Mitbringsel aus dem Urlaub. Die Kundin war diesmal in England unterwegs. Wo sie sich die Tiere eingefangen hat, konnte sie nicht mehr nachverfolgen. Auch hier ergab die Inspektion eindeutig den Beweis: Nach der ersten Behandlung wurden Bett und Matratze entsorgt. Nun war das Zimmer frei, sodass wir auch die Fußleisten, Steckdosen und Lichtschalter abmontieren konnten. Hier fanden sich nach der ersten Behandlung, eine Woche später, noch lebende Exemplare. Es lohnt sich daher immer, die Fußleisten, Steckdosen und Lichtschalter zu demontieren.

Tier des Monats

Die Steinlaus (Petrophaga lorioti) ist ein possierliches Tier, welches in unseren Breitengraden früher sehr selten war. Es kommt immer mehr in den Fokus der Kunden. Gerade ältere Gebäude werden von dem Tier wie magisch angezogen. Die Eingruppierung der Steinlaus in die zoologische Systematik war lange sehr umstritten. Die meisten Autoren, die sich dem Forschungsgebiet der Petrophagologie widmen, einigten sich schließlich darauf, dass die Steinlaus am ehesten dem Tierstamm Imaginata (Fabelwesen) zugeordnet werden kann. Die weitere Spezifizierung erfolgte so: Unterstamm: Humoranimalia (Scherztiere); Klasse: Humoranimalia perfecta (hochklassige Scherztiere); Ordnung: Rodentia inexista (Fabelnager); Überfamilie: Lapivoridae (Steinbeißende), Familie: Lapivora (Steinbeißerchen), Gattung: Petrophaga (Steinlaus), Art: Petrophaga lorioti (echte Steinlaus). Zum Nachlesen empfehle ich: Heinrich Zankl: Vielseitiger Nager – Die Steinlaus Petrophaga lorioti. In: Irrwitziges aus der Wissenschaft – Von Leuchtkaninchen bis Dunkelbirnen. Wiley-VCH-Verlag Weinheim. 2008. S. 119–125. ISBN 978-3-527-32114-8

Resümee

Anhand der Aufträge der vergangenen sechs Monate muss man erkennen, dass wir keine „Saisons“ mehr haben, so wie früher. Aufgrund der Klimaveränderungen verwischen die Grenzen. Dies bringt auch immer mehr Probleme mit sich, mit denen wir IHK-geprüften Schädlingsbekämpfer zu kämpfen haben, denn viele unserer bewährten Wirkstoffe werden uns genommen oder sind schon lange weg aus unseren Regalen. Andererseits kann jeder Laie Biozide im Baumarkt oder Gartencenter erwerben und einsetzen. Dass dies unsere Arbeit nicht nur primär behindert, sondern durch Resistenzenbildung auch sekundär, ist jedem Profi klar. Wichtig ist nun, dass unsere jetzigen Wirkstoffe uns in der jetzigen Konzentration (hier vor allem die Antikoagulantien) erhalten bleiben und auch nur von Profis mit der Sachkunde gemäß TRGS 523 erworben und angewendet werden. Der Wegfall der Phosphorsäureesther wie Dichlorphos oder Chlorpyriphos und nun auch von Lambda Cyhalotrin hat schon große Lücken hinterlassen, und bei den Neonikotinoiden ist man auch schon im Gespräch, diese zu verbieten. Nicht, dass wir bald nur noch mit der Wasserpistole beim Kunden auftreten.